Naikos Walker

Das Heim

An die wirkliche Ankunft im Heim konnte sich Naikos nicht wirklich erinnern, dazu war er zu aufgewühlt gewesen. Er wusste nur das sie gefühlt zwanzig Mal die Falsche ausfahrt nahmen und er im Hintergrund noch die Hoffnung trug, dass das ganze ein Scherz sei. Es war kein Scherz, denn einige Minuten später standen sie vor einem Modernen Gebäude und wurden von der Leitung empfangen. Es gab Aufnahmegespräche, eine weinende Ava und einen vollkommen stillen Naikos. Maximal ein Hallo war ihm aus Höflichkeit herausgerutscht. Es war mitten in der Woche und eine der Erzieher führte ihm in ein Zimmer, ein Doppelbett, zwei Schränke, und zwei Tische, mehr gab es nicht, und so wie es aussah war eins bereits belegt. Mit Zimmergenossen konnte er noch nie, auch mit diesem würde er es nicht lange durchhalten. Man ließ den Stillen Naikos alleine und er legte seine Sachen ab. Ihm war zum Weinen zumute, er dürfte seine Mutter nun mindestens sechs Wochen lang weder hören noch sehen, er würde nächste Woche auf eine neue Schule geschickt und alles fühlte sich für ihn nun an, als würde ins Gefängnis gehen. Vor Wochen schon hatte man ihm Tabletten verschrieben, die sein ADHS unterdrücken sollten, stattdessen sorgten diese nur für Nebel und teilweise Erscheinungen in seinem Kopf, nein, es ging ihm nicht gut. Das Zimmer erschien ihm zu groß, zu Hell. Es war bereits Sommer geworden und die Sonne schien viel zu idyllisch durch die Fenster auf die massiven Holzmöbel, fast schon urig. Er konnte weder den Anblick ertragen, noch wollte er gesehen werden. Er hatte im Flur neben dem Zimmer einen Putzschrank gesehen, in die Wand eingelassen. Aus einem Impuls heraus stieg er in diesen und schloss sich ein. Keine Sonne, kein Platz, niemand könnte ihn sehen. Es war fast schon gemütlich. Endlich konnte er ein wenig seine Deckung fallen lassen, und die Tränen flossen nur so seine Wange hinunter. Tränen die er seit Tagen zurückhielt. Ein wenig verlor er das Zeitgefühl in dem Dunklen Schrank, es konnten nur ein paar Minuten, oder auch drei Stunden gewesen sein, auf jeden Fall die erste Pause seit Wochen. Es klopfte an der Schranktür, die Erzieherin wollte wissen, ob er da drin war, sie wollte ihm erklären wie die Dienste und Regeln funktionierten.

Er wischte sich die Tränen weg und stieg aus dem Schrank und beantwortete ihre Frage nicht, warum er da drin war. Eine Pädagogin sollte so etwas doch verstehen, oder? Er ließ sich erklären welche Regeln und Aktivitäten es gab. Die Nutzung von Elektronischen Geräten, mit Ausnahme des Radios und des Fernsehers waren auf eine halbe Stunde pro Tag begrenzt, eine Stunde am Wochenende. Der Fernseher durfte nur abends für eine Stunde benutzt werden. Außer Wochenends. Die Voraussetzung dafür war das man sich benahm. Es gab jeden Tag eine feste Stunde Lernzeit, bei der man in einen Extra eingerichteten Raum gesetzt wurde, um dort Hausaufgaben zu machen und für die Schule zu lernen, hatte man dort nicht mitgemacht oder zu wenig gelernt oder gemacht, Strafe. Es gab Küchendienste, jeden Tag drei Mal, für das Frühstück, Mittagessen und das Abendessen. Und einen für die Spülmaschine an diesem Tag. Man hatte sich darum zu kümmern das die Tische gedeckt waren, und am diese auch am Ende abgeräumt wurden, man musste das Kochgeschirr spülen und jedes Mal alle Oberflächen Abwischen und Kehren. Waren irgendwo noch Krümel zu sehen, Strafe. Zwei Mal die Woche gab es für alle Gemeinschaftsräume und Flure einen Putzdienst, dort wurde alles aufs genauste geputzt, abgewischt, gekehrt und gewischt. Dasselbe hatte man zwei Mal die Woche für sein Zimmer zu erledigen. War noch irgendetwas Dreckig, Strafe. Man hatte jede Woche einen festen Termin, bei dem man seine Wäsche waschen sollte, der einzige Termin, bei dem es keine Strafe gab, wenn man ihn nicht einhielt. Raus aus dem Haus durfte man erst nach der Schule, Lernzeit und den Diensten, und auch nur bis zum Abendessen. Wenn man in die Stadt wollte, braucht man eine Genehmigung. Oft ging Naikos einfach so in den Wald, weg von den anderen Kindern und Erziehern. Mehr gab es sowieso nicht zu tun, er laß Bücher, hörte Radio, oder ging raus, wenn er durfte.

Naikos fiel es unglaublich schwer sich an diese Strukturen anzupassen, immer wieder verpasste er Dienste oder benahm sich in der Lernzeit daneben. Oft stand er unter Zimmerarrest und durfte dieses nur für die Toilette verlassen, das Essen wurde ihm dann auf das Zimmer gebracht. Natürlich dauerte es nicht lange, da wurde er auch von den anderen Heiminsassen und seinen Mitschülern auf der neuen Schule gemobbt. Er hatte gehofft das er das ganze Image auf der neuen Schule ablegen konnte, doch seine alten Verhaltensweisen und die Vergangenheit holten ihn schlussendlich doch ein. An einen Wintertag konnte er sich noch gut erinnern, einer seiner Schlimmsten Tage dort, einen Monat vor seinem 12. Geburtstag. Seine Schuhe begannen schon langsam sich aufzulösen, der Schnee schmolz und drang schon in seine Socken, als er den Weg zu der Bushaltestelle auf sich nahm, um in die Schule zu fahren. Als Frühstück hatte er eine halbe Scheibe Brot bekommen, ohne Belag, er hatte den Tag vorhergesagt dass das Mittagessen, gekocht von der Erzieherin, ihm nicht schmecke. Das war seine Strafe dafür. Ihm knurrte der Magen, Heimlich hatte er sich noch eine Tütensuppe aus der Speisekammer geklaut, die sonst abgeschlossen war und würde diese in der Mittagspause essen. Denn er hatte Nachmittagsunterricht an diesem Tag. An der Bushaltestelle warteten bereits einige seiner Mitschüler. Naikos selbst versuchte nicht aufzufallen und setzte sich in das Häuschen an die Letze Ecke. Die anderen taten ihm den Gefallen nicht, es flogen Schneebälle, und Beleidigungen auf ihn zu. Auch im Bus. Einer der Jungen, der selbst häufig gemobbt wurde, weil er häufig weinte versuchte Naikos zu schlagen, dieser fing jedoch noch seine Faust und drehte diese bis er aufgab. Die restliche Fahrt verlief für ihn nun ruhig.

Der Schultag an sich war nichts Besonderes, in der Pause stellten sich wie so häufig fast alle in einem Kreis um ihm herum auf und bewarfen ihn mit Schnee und Steinen, während die Lehrer das amüsiert beobachteten. Nach dieser Pause war Sport angesagt, ohne Nachmittagsunterricht die Letzte Stunde. Naikos hasste es sich mit den anderen in der selben umkleide umzuziehen, er konnte das Wort Lauch schon gar nicht mehr hören und der Gestank von 50kg Deo in der Luft nicht ertragen, außerdem zog er sich nicht gerne vor anderen aus. Er verschwand in eine Toilettenkabine, schloss diese ab und zog sich dort die Sportkleidung an. Im Unterricht wurde wieder Football gespielt, nichts für Naikos, er wurde natürlich als letzter gewählt und bekam am ende der Stunden eine schlechte Benotung, weil er nicht richtig mitgespielt hatte. Er hatte versucht sich einzubringen, doch keiner passte zu ihm oder gab ihm eine Chance. Somit war die Mittagspause gekommen. Naikos verließ die Toilette nicht nachdem er sich umgezogen hatte. Lieber verkroch er sich in die benachbarte Dusche ohne Fenster in der das licht nicht mehr ging und setzte sich dort in die Ecke. Er versuchte zu weine, schaffte es aber nicht, stattdessen riss er die Tütensuppe auf und aß das Pulver nach und nach mit etwas kaltem Wasser aus dem Waschbecken. Zum Nachmittagsunterricht kam er zu spät und musste deshalb diese Minuten nachholen, was dafür sorgte das er den Bus verpasste und zu spät im Heim ankam. Dort erwartete ihn die Heimleitung, als Strafe dafür das er den Bus verpasst hatte durfte er nun nur noch fünf Minuten bevor dieser losfuhr losgehen und musste ebenfalls fünf Minuten nach diesem wieder da sein, sonst würde die Zeit sich verringern. Im Normalfall brauchte man mindestens 10 Minuten für den weg, wenn man zügig lief, er würde nun also immer rennen müssen. Das würde dafür sorgen das er seine Schuhe durchlief, neue würde er erst ein halbes Jahr danach erhalten, damit er lernen würde diese nicht durchzulaufen. Als Strafe dafür das er die Tütensuppe gestohlen hatte müsse er beim Abendessen nur zusehen. Die anderen ließen es sich nicht nehmen ihn dafür auszulachen, auch die Erzieher hatten Freude daran ihn vor allen dafür fertig zu machen, während sein Magen laut knurrte. Ohne das er noch irgendetwas durfte, außer zu lernen und zu Lesen ging er dann zu Bett.

An seinem zwölften Geburtstag durfte Naikos zu seiner Mutter fahren, und nach langer Zeit war die Stimmung wieder besser geworden, nachdem Naikos sich nach und nach den Heimregeln unterwarf und sich diesen fügte. Seine Mutter schenkte ihm eine Kette, darin den Smaragd, den er alles kleiner Junge auf einem Spaziergang im Wald gefunden hatte. Lang hielt die Idylle nicht, den schon einige Stunden später würde er zurück in das Heim müssen.

Langsam war Naikos 13. Lebensjahr angebrochen, ein Freitag der 13. Die Schule verpflichtete sie zu Praktika und Naikos war es sehr schwer gefallen eines zu finden. Er durfte sogar einmal nicht nach Hause, weil er noch keins gefunden hatte. Schließlich fand er eines das sogar eines seiner Liebsten Hobbys abbildete. Als Koch. Er schaffte es sogar sich mit einem Mitpraktikanten anzufreunden, Malcom, sie wurden beste Freunde und er freute sich auf jeden weiteren Parktikumstag, selbst wenn der Chef ein Persönliches Problem mit ihm zu haben schien und ihn immer wieder anschrie. Wie es sich später herausstellte, war Malcom ein Satyr, und ihr Chef ein Lykanthrop. Naikos erste Berührung mit der Welt der Mythen. Den Angriff während ihrer Überstunden überlebten sie nur mit Glück und etwas Silberbesteck das ihnen als Schild diente, besiegt war ihr Chef jedoch nicht, so flohen sie und Malcom, der Naikos Sachen gepackt hatte würde ihn nach Camp Half Blood fahren.